Energetisch . Mobil . Heimatstark .

Landschaftsplanung Mittlere Isarregion: Zukunft gestalten zwischen Energie, Mobilität und Heimat

Im Rahmen des universitären Projekts „Landschaftsplanung 4“ wurde eine integrierte Entwicklungsstrategie für die Mittlere Isarregion erarbeitet. Zentrales Ziel war es, die Herausforderungen der Energiewende und Mobilitätswende auf regionaler Ebene kohärent zu verknüpfen. Im Fokus stehen dabei der Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere durch Agri-PV, Floating-PV und Moor-PV – sowie die Dekarbonisierung des Verkehrs durch multimodale, barrierefreie und gemeinschaftlich getragene Mobilitätslösungen.

Die Region, eine dynamische Übergangszone zwischen dem Verdichtungsraum München und ländlichen Strukturen, ist durch konkurrierende Nutzungsansprüche geprägt. Neben landwirtschaftlicher Produktion, Naturschutz und Energieinfrastruktur treten gesellschaftliche Zielsetzungen wie soziale Teilhabe, regionale Wertschöpfung und nachhaltige Lebensqualität zunehmend in den Vordergrund.

Durch systematische Akteursintegration und partizipative Planungsansätze wurde ein resilientes Entwicklungskonzept erarbeitet, das sowohl natur- und landschaftsverträgliche als auch sozial tragfähige Lösungen anstrebt. Die Projektarbeit folgt einem evidenzbasierten Zielsystem, das von einem Leitbild, sechs Qualitätszielen, 15 Handlungszielen und über 50 Maßnahmen strukturiert wird. Partizipative Methoden und adaptive Steuerungsinstrumente sichern eine langfristige Umsetzbarkeit, Konfliktprävention und Akzeptanz innerhalb der Region.

Analyse & Ausgangslage

Einführung Projektgebiet & räumlicher Kontext

Das Untersuchungsgebiet der Mittleren Isarregion umfasst die Gemeinden Wartenberg, Berglern und Langenpreising im Landkreis Erding. Charakterisiert wird die Region durch peri-urbane Agrarlandschaften, bedeutende Restmoore, Abgrabungsgewässer und gewachsene Dorfstrukturen. Der Flughafen München und die Nähe zum urbanen Raum prägen sowohl die Siedlungsentwicklung als auch die ökologischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen.

Die Fläche der lokalen Aktionsgruppe (LAG) umfasst rund 450 km² und etwa 127.000 Einwohner:innen. Der projektbezogene Planungsraum konzentriert sich auf 65 km² mit etwa 11.000 Einwohner:innen. Diese dynamische Überlagerung von urbanen und ländlichen Elementen erzeugt komplexe Anforderungen an die Landschaftsplanung, insbesondere in Bezug auf Flächenkonkurrenzen, Mobilität, Energieinfrastruktur und Naturschutz.

Soziodemografie, Mobilität, Energie & Raumstruktur

Die Region ist durch hohe Pendler:innenzahlen und einen überdurchschnittlichen Motorisierungsgrad gekennzeichnet. Landwirtschaftliche Betriebe, forstwirtschaftliche Nutzungen und kleinstrukturierte Dörfer prägen das Bild, während Infrastrukturtrassen, Gewerbestandorte und die Isarauen wesentliche landschaftsökologische Funktionen übernehmen. Die Potenziale für erneuerbare Energien (PV, Wind, Biomasse) wurden flächenscharf analysiert, wobei Nutzungskonflikte, Akzeptanzfragen und naturschutzfachliche Restriktionen sichtbar wurden.

Konflikt- und Potenzialanalyse

Mittels GIS-gestützter Analysen wurden konfliktbehaftete und potenzialreiche Flächen für erneuerbare Energien, Mobilitätsinfrastruktur und Biodiversität identifiziert. Schwerpunkte bilden die Potenzialflächen für Agri- und Moor-PV, Windenergie sowie die Schnittstellen zu Siedlungserweiterungen und Schutzgebieten. Die Analyse bildet die Grundlage für eine prioritäre Flächenkulisse und zeigt zentrale Zielkonflikte, etwa zwischen Naturschutz und Energieerzeugung.

Stakeholder-Analyse

Die systematische Identifikation und Bewertung der Akteure erfolgte entlang der Dimensionen Interesse, Einfluss und Betroffenheit. Entscheidende Rollen nehmen lokale Energieunternehmen, Bürgerenergiegenossenschaften, Landwirt:innen sowie politische Entscheidungsträger:innen ein. Gesellschaftliche Akteursgruppen wie Senior:innen, Jugendliche und Pendler:innen wurden gezielt in Beteiligungsformate eingebunden. Die Ergebnisse flossen in eine Stakeholder-Netzwerkanalyse ein, die zentrale Partnerschaften und potenzielle Konfliktlinien offenlegt.

Zielsystem & Entwicklungskonzept

Leitbild & Leitlinien

Das Leitbild formuliert die Vision einer lebenswerten, nachhaltigen und wirtschaftsstarken Kulturlandschaft, in der Energie und Mobilität gemeinsam entwickelt und gedacht werden. Interkommunale Kooperation, partizipative Steuerung und eine evidenzbasierte Analytik sichern dabei ökologische Integrität, soziale Teilhabe und regionale Wertschöpfung

Zielsystem-Flowchart & Prinzipien

Das Zielsystem basiert auf einem übergeordneten Motto und strukturiert sich in drei Leitkategorien: Energiewende, Mobilitätswende sowie Methoden & Ablauf. Jede Leitkategorie wird durch Qualitäts- und Handlungsziele konkretisiert und durch spezifische Maßnahmen operationalisiert. Das System bündelt strategische, infrastrukturelle und partizipative Ansätze, die ineinandergreifen und auf Resilienz, Klimaneutralität und gesellschaftliche Akzeptanz abzielen.

Landschaftsentwicklungskonzept (LEK)

Das LEK formuliert auf einer überkommunalen Hauptkarte die räumliche Strategie für erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität und Flächenmanagement. Die Handlungsziele und Maßnahmen sind räumlich zugeordnet, priorisiert und nach Synergiepotenzialen bewertet. Besondere Schwerpunkte liegen auf der Förderung multifunktionaler Synergiemaßnahmen, wie etwa Mobility-Energy-Hubs und integrativen Bürgerenergieprojekten.

Roadmap des Ziel- und Maßnahmensystems

Die dargestellte Roadmap visualisiert die strategische Verknüpfung von Qualitätszielen, politischen Zielsetzungen, Handlungszielen und deren zugehörigen Maßnahmen über den Zeitraum von 2025 bis perspektivisch 2045/2050. Auf der X-Achse ist der Zeitverlauf abgebildet, während die Y-Achse die Hierarchie der Ziele von den übergeordneten politischen und Qualitätszielen, über die Handlungsziele, bis zu den einzelnen Maßnahmen abbildet.

Die oberste Ebene verdeutlicht, dass die zentralen Qualitäts- und Klimaschutzziele – etwa der EE-Anteil ≥ 75 %, die Reduktion des Modal-Split des motorisierten Individualverkehrs (MIV) unter 40 % sowie die Minderung des CO₂-Ausstoßes durch Verkehr um 55 % – fest im Zeithorizont bis 2035 verankert sind. Gleichzeitig werden die bundes- und europapolitischen Zielsetzungen (Klimaneutralität Bayern, Klimaneutralität Bund und EU) als übergeordnete Orientierungslinien visualisiert. Diese übergeordneten Ziele schaffen einen verbindlichen Rahmen und verdeutlichen die gesellschaftspolitische Relevanz und Dringlichkeit der regionalen Transformation.

Die mittlere Ebene stellt die Handlungsziele dar, welche auf die Erreichung der Qualitätsziele ausgerichtet und entsprechend zeitlich priorisiert sind. Durch die symbolische Verbindung zu den darunterliegenden Maßnahmen wird deutlich, welche operativen Schritte aufeinander aufbauen oder parallel ablaufen. Die Anordnung der Maßnahmen – differenziert nach Kern-, Schlüssel- und Synergiemaßnahmen – macht sichtbar, dass die Transformation der Region nicht als Einzelmaßnahme, sondern als integrativer, aufeinander abgestimmter Prozess verstanden wird.

Die Kombination aus langfristigen politischen Vorgaben, operativen Meilensteinen und der taktischen Umsetzung über abgestimmte Maßnahmen verleiht der Roadmap Tiefe und Orientierung. Zugleich zeigt sie, dass die Umsetzung regionaler Landschaftsplanung im Kontext energie- und mobilitätsbezogener Transformationsprozesse stets im Spannungsfeld gesellschaftspolitischer Interessen und gesetzlicher Verpflichtungen erfolgt. Somit fungiert die Roadmap als zentrales Steuerungsinstrument, das sowohl die Komplexität als auch die Dynamik der Transformation über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten anschaulich macht und als Orientierungsgrundlage für Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft dient.

Fokusraum, Beteiligung & Zukunftsbilder

Maßnahmenpool

Fokuskarte & Maßnahmenbeispiele

Im diesem Fokusraum in Wartenberg werden die Wirkungen und Wechselwirkungen von Einzelmaßnahmen beispilehaft dargestellt.

Beteiligungskonzept & Prozessgrafik

Das Beteiligungskonzept ist in einer zweidimensionalen Matrix strukturiert und verknüpft die Planungsphasen (Analyse, Konzept, Umsetzung) mit den Stufen der Partizipation (informieren, konsultieren, einbeziehen, zusammenarbeiten, befähigen). Die Methodenauswahl erfolgt zweckorientiert: Aktivierende Befragungen und Runde Tische dienen der Wissensgenerierung, Design Thinking und Zukunftskonferenzen fördern kreative Ideen, während Bürger:innenbudgets und Konsensuskonferenzen die Umsetzung legitimieren. Die bewusste Kombination aus formellen und informellen Verfahren sichert die Einbindung unterschiedlichster Gruppen und erhöht die Legitimität der Ergebnisse. Synergiemaßnahmen wie Mobility-Energy-Hubs bündeln erneuerbare Energieproduktion, multimodale Mobilität und soziale Infrastruktur. Begleitmaßnahmen – etwa Umweltbildung und Sichtbarmachung von Klimaanpassung im Raum – stärken die Akzeptanz, erhöhen die Resilienz und fördern eine neue regionale Identität.

Literaturverzeichnis

https://www.jakob-endemann.de/development/landschaftsprojekt-4/literature

Plakatpräsentation